Phantasma der Macht

Das Thema der „Macht“ erfährt in der Psychoanalyse eine eigenartige Behandlung: die – personale – „Macht“-Beziehung vorzugsweise des Kindes über die Mutter: sie staunen machen zu können, oder wütend, oder die „Macht“ des Patienten über den Therapeuten, dient als Paradigma der gesellschaftlichen Macht-Verhältnisse(die dadurch als „immer und überall“ aufzufindende deklariert werden können – gemeint ist natürlich gerade die Macht der Mächtigen). Es bedurfte des 11.9. (und was danach kam) um den Schleier von unseren Augen weg zu reißen, unser unernst-ernstes Spiel uns aus den Händen zu schlagen, und uns die Macht in ihrer apokalyptischen Dimension vor Augen zu führen:
Die Macht des „Bösen“ auf die die Macht des „Guten“ sich nicht lange bitten ließ, zu antworten:
Sie, die Macht des Guten hat in ihrer „infinite justice“ zumindest die Zahl der „unschuldigen Opfer“ verdoppelt, – ja, wie wir inzwischen lesen können, vervielfacht (daß sie, die „Macht des Guten“ der „Macht des Bösen“ schon lange vorausgegangen war, nicht zu vergessen). Wir, die wir in der Zuschauerloge diese „Gladiatorenkämpfe“ verfolgen konntenhatten Gelegenheit, „unsere Herzen für Österreich-Ungarn“ schlagen zu lassen, wie Freud 1914 sich in einem Brief ausgedrückt hatte. [i]
 
Freud hatte allerdings bald – schon 1 Jahr danach, noch bevor sich die erste Kritik am Krieg regte, erkannt, daß er einem Phantasma aufgesessen war, dem Phantasma der Macht. [ii] Kaiser Franz Joseph, der mächtige Vater, der seine Pflicht tut und zu den schwersten Opfern aufrief, solch einen Vater zu haben, mußte die Söhne mit Stolz erfüllen und sie danach streben lassen, wie er zu werden und die Dinge so zu sehen wie er (381). Auch Freud war damals, 1914, in diese Position verfallen [iii] er hatte aus der Regression heraus die Weltpolitik als Variation seiner Familiengeschichte erlebt(sein eigener Vater hatte nicht getan, was FJ getan sich für seine Demütigung zu rächen) [iv] (382). Das Phantasma (des guten Herrschers) schafft die Illusion, man könne sich auf die Herrschaft verlassen, sie werde das Gute tun, sie werde einen – wie einst vom Vater erhofft – und enttäuscht – beschützen (384).
Die Phantasmen der Macht: die legitimationsstiftenden Bilder, in welchen Herrschaft bewußtseinsfähig wird (372). Sie werden produziert durch die Größen- und Allmachtsphantasien, die sich im Phänomen der Herrschaft kristallisieren, durch die Faszination, die sie ausübt (373). Sie ermöglichen eine „magische Partizipation an der Macht“, die aggressionshemmend wirkt (372): die Hemmung der Aggressionen (der Beherrschten), die aus den kränkenden und erniedrigenden Aspekten des Lebens der Beherrschten herrühren (376). Sie stehen also „im Dienste der Unbewußtmachung der Voraussetzungen der Herrschaft“ (373). Es müssen diejenigen Wahrnehmungen ins Unbewußte verdrängt werden, die – würden sie Teil des Bewußtseins bilden – die Individuen zu einer Veränderung ihrer Situation veranlassen könnten (377). Auf dieser Unbewußtmachung beruht der Legitimationsglaube, woraus der Konsens zwischen Herrscher und Beherrschten in Klassengesellschaften erwächst (376). An sich völlig unglaubhaft erscheinende Rechtfertigungsversuche einer herrschenden Klasse werden geglaubt, weil sie die unannehmbare Realität verdrängen helfen, die Flucht in die Illusion erlauben und die Größen- und Allmachtsphantasien der Unterworfenen „erlösen“ (377).
 
Geglaubt wurde 1914 deshalb die Kriegerklärung Franz Josephs, (obwohl) es darin in erster Linie um Ehre ging, der Krieg zum Zweikampf erklärt wurde zwischen den Guten und den Bösen.
 
In dem Maße, wie für Freud das Phantasma zerfiel, wurde auch wieder die Heuchelei der Macht sichtbar, aufgrund deren die Gewalt legitimiert erschienen war (383) „einseitig unterrichtet…werden wir selbst irre an der Bedeutung der Eindrücke, sie sich uns aufdrängen und an dem Werte der Urteile, die wir bilden [v] (384). Nachdem dieser Mechanismus der Verdrängung dessen, was man tatsächlich erfährt, zugunsten dessen, was im Dienste der Legitimation der Herrschaft erfahren werden sollte, außer Kraft gesetzt: war Freuds Kritik an der Macht, am Staat unerbittlich:
„Der einzelne Volksangehörige kann in diesem Kriege (1914) mit Schrecken feststellen, was sich ihm gelegentlich schon in Friedenszeiten aufdrängen wollte, daß der Staat dem Einzelnen den Gebrauch des Unrechts untersagt hat, nicht weil er es abschaffen, sondern weil er es monopolisieren will wie Salz und Tabak. Der kriegführende Staat gibt sich jedes Unrecht, jede Gewalttätigkeit frei, die den Einzelnen entehren würde. Er bedient sich nicht nur der erlaubten List, sondern auch der bewußten Lüge und des absichtlichen Betrugs gegen den Feind […] Der Staat fordert das Äußerste an Gehorsam und Aufopferung von seinen Bürgern, entmündigt sie aber dabei durch ein Übermaß an Verheimlichung und eine Zensur der Mitteilung und Meinungsäußerung, welche die Stimmung der so intellektuell Unterdrückten wehrlos macht gegen jede ungünstige Situation und jedes wüste Gerücht. Er löst sich los von Zusicherungen und Verträgen, durch die er sich gegen andere Staaten gebunden hatte, bekennt sich ungescheut zu seiner Habgier und seinem Machtstreben, die dann der Einzelne aus Patriotismus gutheißen soll“. [vi]
 
Trotz dieser eindeutigen Kritik am Verhalten des Staates hat Freud sich nicht wirklich vom Phantasma der Macht befreit: 1930 hält Freud (noch oder wieder) fest an der Notwendigkeit der Macht (des Staates)für die Lösung “eines der Hauptprobleme der Kultur“: die Zähmung der aggressiven Triebe. [vii] Ausgerechnet dieser Macht, von der er „mit Schrecken feststellen“ mußte, daß sie sich „ungescheut“ zu ihrer „Habgier“ und ihrem „Machtstreben bekennt“, sich „jedes Unrecht, jede Gewalttätigkeit freigibt, die den Einzelnen entehren würde“ daß sie also „den Gebrauch des Unrechts“ nicht abschaffen, sondern in ihrer Hand „monopolisieren“ will gesteht Freud die Aufgabe und die Fähigkeit zu, die Gewalttätigkeit (von uns allen) zu „zähmen“. Würde man sie nicht bereits als die Freudsche kennen, könnte man über diese unerwartete Wende im Denken eines so rationalen Menschen wie Freud eigentlich nur ungläubig den Kopf schütteln. Aber es ist ja gar keine Wende, sondern Freuds Desillusionierung war auf halbem Wege stecken geblieben: Freud hatte bereits damals (1915) geschrieben:
„Zweierlei in diesem Kriege hat unsere Enttäuschung rege gemacht: die geringe Sittlichkeit der Staaten nach außen, die sich nach innen als die Wächter der sittlichen Normen gebärden, und die Brutalität im Benehmen der Einzelnen, denen man als Teilnehmer an der höchsten menschlichen Kultur ähnliches nicht zugetraut hat“. [viii]
 
Wieso „auf halbem Wege stecken geblieben“? war es nicht nur eine, sondern doppelte Desillusionierung? Desillusionierung über die „Staaten“ und gleichzeitig über die „Einzelnen“. Genau das ist es, daß Freud seine Enttäuschung in Zweierlei Gestalt unterscheidet, daß er den (möglichen, naheliegenden) Zusammenhang zwischen beiden nicht sieht daß die „Brutalität im Benehmen der Einzelnen“ nichts anderes ist als der individualisierte Ausdruck (oder die Folge)der „geringe(n) Sittlichkeit der Staaten“. Aber nein: Freud sieht durchaus einen Zusammenhang: und zwar im „tiefste(n) Wesen des Menschen “in seinen – destruktiven – Triebregungen die „elementarer Natur“, und „bei allen Menschen gleichartig“ sind. [ix] Wie sollte es anders sein: die „psychologists phallacy“ (wie James gespottet haben könnte) hat hier durchgeschlagen: die im „Wesen des Menschen“, seiner „Triebgrundlage“ eine Erklärung nicht nur für dessen Benehmen sondern zugleich auch für das der Staaten sieht.
 
Freud macht keinen Unterschied zwischen dem „Staat“ und den „Einzelnen“, hinsichtlich der Grundlage ihres jeweiligen Handelns. Er führt sowohl das Handeln des Staates als auch das seiner Bürger auf die „bei allen Menschen gleichartig(en)“ „Triebregungen“ zurück Er macht die „Triebregungen“ der Menschen zur „Triebgrundlage“ (des Verhaltens) des Staates als wären Staaten Menschen gleichzusetzen und keine – von Menschen zwar geschaffene – „künstliche“ Gebilde, Artefakte.
 
Und auch wenn diese Gebilde sich nicht von selbst bewegen, „verhalten“ sondern von Menschen, durch deren Verhalten, in Gang gesetzt und gehalten werden deren „Triebe“ insofern in die Gestalt und das Handeln des Staates eingehen, dieses bestimmen so übergeht er, daß die Art der Triebbefriedigung und Triebbewältigung nicht nur abhängig ist von der Stärke der Triebregung, sondern auch von den erreichbaren Befriedigungsmitteln. [x] Diese „erreichbaren Befriedigungsmittel “sind gesellschaftlich reglementiert sind und unterscheiden sich je nach sozialem Ort kurz sie sind ungleich verteilt zwischen den verschiedenen Klassen der Gesellschaft. Angesichts der angeblichen Gleichheit der „in jedem von uns“ vorhandenen Triebgrundlage ist verschwindet diese Ungleichheit diese Differenz des „sozialen Orts“ ebenso wie die Differenz zwischen dem Handeln des Staates der „das Unrecht monopolisiert“ und dem Handeln des Einzelnen von dem der Staat „Gehorsam fordert“, der ihn „entmündigt“, und „wehrlos macht“. Dh aber: der Rekurs Freuds auf die allen Menschen gleichartigen elementaren destruktiven Triebregungen kann gerade diese Differenz nicht erklären, die ihr zugrundeliegende Ungleichheit. Die Ungleichheit zwischen Staat und Bürger(Obrigkeit und Untertan)die – politische und gesellschaftliche Macht.
 
Das Auslöschen der Differenz zwischen Staat und Einzelnemzwischen herrschenden und beherrschten Klassendas Auslöschen von Ungleichheit und Macht, liegt darin der Sinn des Verweises auf die allen gemeinsame Triebgrundlage, der Sinn damit der Triebtheorieder sich „hinter dem Rücken“ des Theoretikers (Freuds) Geltung und Funktion verschafft?
 
Freuds „doppelte Desillusionierung“ zeigt sich als eine einfache: nicht über die Einzelnen kann er desillusioniert worden sein sondern eigentlich nur über die „Staaten“. Freuds Enttäuschung über “die Grausamkeiten und Rechtsverletzungen, deren sich die zivilisiertesten Nationen schuldig machen, die verschiedene Art, wie sie die eigenen Lügen, das eigene Unrecht und das der Feinde beurteilen“, führt also ihn nicht dazu, nein: bestätigt ihn in seiner Annahme, “in welchem Maße die Psychoanalyse Recht hat…“ Und: Recht hat sie nach Freuds Überzeugung nicht nur in der Annahme der uns allen gemeinsamen Triebausstattung als Grundlage unseres Verhaltens wie des der Staaten, sondern darüberhinaus darin, “daß in jedem von uns die ursprünglichsten Antriebe des Menschen niemals beseitigt sein werden[…] [xi] Und deshalb auch nicht: die Kriege, wie Freud im Brief an Einstein (1932) schlußfolgert. Damit haben wir den letzten Grund der Grund aller Gründe: der Affirmation der herrschenden Zustände der Ubiquität und Perennität von Krieg, Aggression wie von Macht und Ungleichheit.
 
In jenem Brief an Einstein (bei dieser Gelegenheit) benützt Freud aber das selbe Argument des „niemals beseitigt sein werden“ nicht nur für die „menschliche Aggression“ sondern zugleich auch für die gesellschaftliche Ungleichheit. Auch diese sei „nicht zu beseitigen“, weil „angeboren“. Freud behauptet tatsächlich, es sei angeboren, „daß sie in Führer und Abhängige zerfallen“. “Die letzteren sind die übergroße Mehrheit, sie bedürfen einer Autorität, welche für sie Entscheidungen fällt, denen sie sich meist bedingungslos unterwerfen“. [xii] Wieder haben wir die Behauptung, etwas (dies) sei „nicht zu beseitigen“. Mit dieser Behauptung kommt Freud dem imanenten Zusammenhang zwischen Grausamkeit und Ungleichheit gefährlich nahe: Man könnte wohl sagen: solange die Ungleichheit nicht beseitigt sein wird, wird auch die Grausamkeit nicht zu beseitigen sein. Und auch: gegen die (Versuche der) Beseitigung der Ungleichheit tritt die Grausamkeit auf den Plan(Niederschlagung der Revolten). Nur: so ist das bei Freud nicht gemeint. Er sagt ausdrücklich, es sei eine „Illusion“, zu glauben, „die menschliche Aggression zum Verschwinden bringen [zu] können“ durch „die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse“ und Herstellung der „Gleichheit unter den Teilnehmern an der Gemeinschaft“ (23). Natürlich hat sich Freud damit in heillose Widersprüche verwickelt: wenn er behauptet daß sowohl die Ungleichheit zwischen (zwischen „Autorität“ und „Abhängigen“) nicht aufzuheben sei, weil ebenso „angeboren“ wie die Gleichheit (der Triebgrundlage – „unter den Teilnehmern an der Gemeinschaft“), die der Grund der Gewalttätigkeit (sowohl von „Autorität“ wie von „Abhängigen“, des Staates wie der Einzelnen) sein soll. Aber diesen Widerspruch nimmt er wohl in Kauf weil er sich des Arguments der „Unaufhebbarkeit“ versichert hat
 
Es gehört zum Diskurs der Macht, daß sie als „unaufhebbar“ dargestellt wird. Freud trägt seine Argumente zu diesem Diskurs der Macht bei: das Argument der „Unaufhebbarkeit“ der „Triebtheorie“. Indem die Aggression als „unaufhebbar“ erklärt wird, wird dies auch die Macht das fundamentum in re der Triebtheorie und zugleich ihre „Agenda“: die Bedingungen der Entstehung von Aggression von der Macht zu verschieben auf die (Triebgrundlage der) Subjekte = Unbewußtmachung der Entstehung von Aggression(der Unterdrückten gegen die Unterdrückung, gegen die Macht durch die Unbewußtmachung ihrer Gründe: Macht und Herrschaft (der Aggression der Unterdrücker gegen  die Unterdrückten).
 
Also doch wieder: das Phantasma – nicht der „guten Macht“ sondern der Macht schlechthin, ihrer Unaufhebbarkeit. Phantasma der vielleicht doch wieder guten Macht indem dieser Macht die „zivilisatorische“ Aufgabe der Zähmung der aggressiven Triebe zugewiesen wird “eines der Hauptprobleme der Kultur“ (1930).
 
Umgekehrt:

Macht produziert erst das „Hauptproblem der Kultur“ das sie zu bewältigen sich als berufen darstellt: Sie schafft die Aggressivität, Gewalttätigkeit Aggressivität der Unterdrückten ebenso wie die Aggressivität der Herrschenden sie schafft die Aggressivität der Unterdrückten indem sie Unterdrückte produziert- Abhängigkeit, Armut, Hunger, Elend und Not – und die Unterdrückten wehren sich dagegen und diese Unterdrückung nimmt selbst die Gestalt von Aggression an ihr eigenes Streben nach Macht wie das der Unterdrückten(man muß nur einen Blick auf die gegenwärtigen Herde von Unterdrückung und Krieg werfen: 40 an der Zahl. [xiii] Aber gerade deshalb stimmt es auch, daß Macht „notwendig“ ist:“ die übergroße Mehrheit“ bedürfe „einer Autorität, welche für sie Entscheidungen fällt…“. [xiv] Die Macht (Autorität) erfüllt auch Funktionen für die Unterlegenen (anders würde sie sich nicht auf Dauer halten können)aber das heißt nicht, daß sie unverzichtbar wäre daß nicht die Menschen, Bürger, Unterlegenen, diese Aufgaben selbst übernehmen könnten. Die „Mehrheit“ bedarf ihrer wegen jener, von der Macht erst produzierten Folgen- um der Aggressivität der Unterdrückten wiederum zu unterdrücken, – die Zerstörung (der Kultur) wieder zu „reparieren“, kompensieren daß sie dabei Kulturleistungen hervorbringt (aber wer bringt sie tatsächlich hervor? wer hat das 1oo-torige Theben erbaut, fragt Brecht) die die vorher zerstörten übertreffen- wenn man den Barock der jesuitischen Restauration großartiger finden mag, als die Renaissance und Gotik der zerstörten Städte vorher oder den Barock der Reconquista schöner als die maurische Gotikoder schöner als die Maya-Tempel(alles übrigens selber „Leistungen“ einer Macht) den großen „zivilisatorischen Leistungen“ der Machtgehen die Enteignung der Subjekte von ihrer eigenen Macht über sich selbst, über ihre Fähigkeiten voraus.

Macht ist also „notwendig“ nachdem sie auf den Plan getreten ist nachdem sie zerstört hat, was sie vorfand nachdem sie die Subjekte ihrer eigenen Macht enteignet hat. Und indem sie „neu“ aufbaut, was sie vorher zerstört hatte indem sie den Subjekten „zurückgibt“, was sie ihnen vorher genommenist sie „notwendig“, erbringt sie „notwendige“ „Kulturleistungen (ohne die Macht hätten die – vorher enteigneten – Subjekte sie nicht: ohne Hitler keine Autobahnen). Aber die Macht gibt den Beherrschten nicht alles zurück was sie ihnen genommen hatte ihre „Gaben“ sind nicht der bloßen Notwendigkeit der Kompensation vorheriger Zerstörung von Kulturleistungen geschuldet, sondern immer zugleich dem eigenen Interesse an einem „Surplus“: Die Macht behält von dem was sie den Beherrschten gibt ihren Tribut ein: an Reichtum, Freiheit. Den die Macht für den weiteren Ausbau ihrer Macht verbraucht indem sie damit ihre Macht vergrößert, vergrößert sie zugleich auch die Ohnmacht der Unterworfenen.

Macht produziert (weitere) Macht, Vergrößerung der Macht (und damit Ohnmacht der Beherrschten)das ist zugleich ihr „Sinn“, der „Sinn“ der Macht, darin liegt ihre „Notwendigkeit“ ihr „Gesetz“ ihr „Telos“. Ihr Ziel ist „sich als Allmacht zu realisieren“„Die Macht beschränkt sich nicht von selbst“. [xv]
die „souveräne“ Machtsouverän gegenüber den ihr Unterworfenenunabhängig von ihnen, von ihrem „Willen“(die Definition von Max Weber) [xvi] ungebunden durch ihre Gesetze und Organe“Zusicherungen und Verträge“. Diese „Emanzipation der Macht“ ist aber zugleich ein nie erreichtes Ziel sie muß den „Willen“ der Bevölkerung „berücksichtigen“(was nicht heißt ihm zu folgen, sondern ihn „interpretieren“ ihre Handlungen als die Erfüllung des Willens der Bevölkerung darstellen ihre Handlungen der Bevölkerung „verständlich machen“ und damit letztlich: den Willen der Bevölkerung „mit“ gestalten, formen, allererst herstellen. Dies: die Herstellung der – zustimmenden – „Mehrheit“, des „Willens“ der „Bevölkerung“(und damit zugleich die Herstellung von „Bevölkerung“ selbst)durch dessen Berücksichtigung gleichzeitige Berücksichtigung dessen, was die Macht vorher hergestellt hatte ist die Funktion des politischen Diskurses des Diskurses der Machts eine „performative“ Funktion.
 
In diesem Diskurs spricht die Macht nicht nur mit 1 Stimme: denn die „Bevölkerung“ besteht nicht aus nur einem Ohr (Klassen)es geht darum, sie alle anzusprechen sich allen verständlich zu machen, ihren Willen formend zu berücksichtigen (wenn gleich die Vielfalt der Stimmen auch die Rivalität der Machtgruppen zum Ausdruck bringt die natürlich auch miteinander – um die Gunst des Wählers buhlen – sie verlassen jedoch nie die „Gemeinsamkeit der Demokraten“ den „Grundkonsens“ der Macht – und wenn sich einer anbietet, dem man diesen Vorwurf machen könnte wird an ihm vorgeführt, wie es denen geht, die dies wagen sollten. Es geht darum die Bevölkerung einzuschüchtern indem man der Opposition eins aufs Dach gibt. In dieser Inszenierung von Differenz und Opposition(die „Opposition ihrer Majestät)wird die „fundamentale“ Differenz zwischen Macht und Unterworfenen “versteckt“ das Grundprinzip des Diskurses der Macht (Bourdieu: „Verstecken durch Zeigen“). [xvii]
 
Verstecken durch Zeigen auch das Prinzip des Freudschen Diskurses(?) Er zeigt uns: unsere Aggressivität als Triebbestimmter versteckt damit: ihre Machtbestimmtheit.Die Funktion des Phantasmas der Macht: die Realität der Herrschaft unbewußt zu machen.
 
Verstecken durch zeigen: als Prinzip des Diskurses d Macht und zwar seiner performativen Funktion der performative Akt stellt das her, was er behauptet indem er es behauptet. Prinzip der Macht selbst, ihrer Ausübung, ihrer Erweiterung die Macht stellt sich dadurch her daß sie behauptet, sie übe ihre Macht aus: “Performanz“ der Macht. Die Behauptung wird aber nicht durch sich selbst realisiert sondern dadurch, daß sie „geglaubt“ wird – von denen, die sich der Macht unterwerfen. Sie unterwerfen sich der Macht, indem sie ihrer Behauptung Folge leisten(die Abhängigkeit der Macht vom Willen ihrer Bevölkerung). Nicht „Macht“ und „Ohnmacht“ sind die beiden Positionen, Haltungenim (Sprach)Spiel der Performanz der Machtsondern Macht und UnterwerfungBehauptung der Macht und Akzeptierung der Behauptung. Für die Entscheidung zur Akzeptierung(denn es ist eine Entscheidung: es gibt im Sprachspiel der Behauptung ja immer auch die andere Möglichkeit: die der Verweigerung der Akzeptierung). Für die Entscheidung zur Akzeptierung muß es Gründe geben. Diese zu liefern ist die Aufgabe des Diskurses der Macht(damit bleibt der Sich-Entscheidende im Sprachspiel diese Diskurses)aber zugleich ist es „nur“ ein Spiel: das Spiel mit Begründungen (nicht von Gründen). Seine Entscheidung ist – meist – (anderen) Gründen zu verdanken: jenseits des Sprachspielsnämlich: der „Lebenswelt“ in unseren (westlichen, kapitalistischen) Gesellschaften liefert der Markt, die Teilhabe am Konsum  (samt den damit verbundenen „kulturellen“ Bedeutungen) die Gründe für die Akzeptierung der Behauptung der Macht (Brückner [xviii] )“die materiellen Gratifikationen für die Zustimmung zum System“ (120).
Umgekehrt: bleiben diese aus, wenn der Markt sich aus den Lebensgeländen zurückzieht, wenn in der Krise sichtbar wird, wenn Anteile der Bevölkerung überflüssig, existenzlos geworden sind dann bildet sich auch der Konsens, die Zustimmung zum System zurück (120). Die Begründungen (die der Diskurs der Macht anbietet) sind also Rationalisierungen (für die durch die Teilhabe am Konsum und mit dieser gegebenen Zustimmung der Bevölkerung zum Diskurs der Macht, zur Macht selbst Ihre Funktion ist also: diese Gründe unbewußt zu machen. Unbewußtmachung: die Funktion der Argumente des Diskurses der Macht (Ebenso wie des Phantasmas der Macht).
 
Wir haben also 2 Ebenen die „offiziellen“ („öffentlichen“) Begründungen des Verhaltens(Diskurs der Macht), „was man so sagt“ und dessen inoffizielle, „private“ (nicht veröffentlichte, nicht diskutierte, „unbewußte“ oder verleugnete Gründe (individuelle Motive), „was man nicht sagt, nicht sagen darf“
Im vorliegenden Kontext liegt es nahe diese 2 Ebenen mit der Macht in Verbindung zu bringen die Macht „zwingt“ zum Verschweigen, Leugnen, zur Lüge, zur Täuschung, zur „Unbewußtmachung“ oder andersherum, dies ist der Versuch der – Beherrschten – Subjekte im Angesicht der Macht zu leben (als Subjekte)so zu tun, „als ob“. Man könnte das die „binäre“ Struktur des Sprechens nennen sie durchzieht das gesamte begriffliche Denken bzw. man könnte den „Dualismus“ dieses Denkens auf die Notwendigkeit der Verdopplung angesichts der Macht zurückführen wenn gleich dieser Bezug zur Macht mehr oder weniger explizit ist. Marx hat diese Verdopplung in den Begriffen „Tauschwert“ und „Gebrauchswert“ als Bestimmung des „Doppelcharakters der Ware“ gefaßt. Auch Freuds Denken greift diese binäre Struktur auf Bewußt – unbewußt Lust-Prinzip – RealitätsprinzipLebensprinzip – Todesprinzip. Warum hat er im Fall der Macht diesen Dualismus preisgegeben? Dualismus von gesellschaftlicher Macht (Verhältnis) und persönlicher (Macht-Beziehung). Man könnte einwenden: Freud habe das „entweder-oder“ des binären Denkens ersetzt durch das „sowohl-als auch“ der „Ambivalenz: das Lustprinzip setzt sich nicht gegen sondern nur mit Hilfe des Realitätsprinzips durch; wie sich gesellschaftliche Macht durchsetzt indem sie sich der persönlichen Macht bedient(wie umgekehrt persönliche Macht innerhalb der Strukturen der gesellschaftlichen agiert). Aber: Freud negiert diese Differenz, bringt sie zum Verschwinden.Es ist auch festzuhalten, daß die Macht das binäre Denken herstellt, die Spaltung der Gesellschaft in Klassen. Das Phantasma der Macht besteht ja gerade in der Negierung dieser Differenz(die – persönliche – Macht – des Vaters wird in das gesellschaftliche Machtverhältnis des Kaisers „übertragen“) das gesellschaftliche Verhältnis zu reduzieren auf die eine Dimension der persönlichen Beziehung. Warum hat er, nachdem er dieses Phantasma durchschaut hatte den Mechanismus des Phantasmas, sein „Argument“ beibehalten? persönliche Macht-Beziehung und gesellschaftliches Macht-Verhältnis in eins gesetzt? diese Differenz verleugnet, zum Verschwinden gebracht (in der „uns allen gemeinsamen“ Triebgrundlage) und die Rolle der Macht verkehrt die in ihr festgestellte „Monopolisierung des Unrechts “zu ihrer „zivilisatorischen“ Funktion (v)erklärt(sie müsse diesen Trieb zähmen):die Legitimation der Macht, ihres Gewalt-Monopols.
 
Eine Erklärung wäre in der Macht selbst zu suchen daß sie selbst den Doppelcharakter(des Diskurses, die Differenz von Begründung und Grund) zum Verschwinden bringt. Marx: der Gebrauchswert verschwindet hinter dem Tauschwert die – persönlichen – Beziehungen nehmen den Charakter, die Qualität von – abstrakten – Verhältnissen an, den Charakter von Macht-Verhältnissen. Die Vergrößerung der Macht bedeutet zugleich, (geschieht zugleich durch) ihr Eindringen in bisher „machtferne“ Bereiche (Brückner) Bereiche des Sozialen („civil society“), der Familie, des Privaten, der Beziehungen. Sie pfropft sich sozusagen auf die ihr zugrundeliegenden gesellschaftlichen Prozesse Sie prägt ihnen ihre Macht-Form aufbringt sie als Macht-Prozesse hervor als durch die Macht hervorgebrachte Prozesse und ihre Produkte als Produkte der Macht. Damit verändert sie deren Charakter sie macht aus dem Mittel zur Reproduktion des Lebens ein Mittel zur Reproduktion der Macht sie macht aus den Leistungen der Kultureinen Ausdruck (der Darstellung, Repräsentation) der Macht („Ästhetik der Macht“) (Autobahnen sind nicht einfach breite Straßen für viele Autos) sie macht aus der persönlichen Beziehung ein Verhältnis der Macht. Macht zieht nicht nur den Mehrwert ab den sie für die Erweiterung ihrer Macht verbraucht Sie geht bereits in die Form der von ihr geschaffenen Kulturleistungen und Beziehungen selbst ein, bestimmt diese, verändert ihre Gestalt, ihre Bedeutung, diese nehmen die Aufgabe, den Geist der Macht in sich auf. Es verschwindet die Differenz (von Beziehung und Verhältnis)in der einen Dimension der Macht (Verhältnis)die gesellschaftlichen Prozesse, die persönlichen Beziehungen in ihrer Eigenständigkeit selbst werden zum Verschwinden gebracht. Der „Inhalt“ (der „Beziehungen“) verschwindet hinter der „Form“ (der Macht) Verhältnisse Die „Form“ macht sich selbständig, „emanzipiert“ sich – „Emanzipation“ der Macht“ (Brückner) es gibt nur noch Macht, weil alles nur noch Macht ist. „Alles“ scheint Macht zu sein scheint es nur noch Macht zu geben„überall“: „auch in den persönlichen Beziehungen“ „gibt es“ Macht Macht gibt es „immer“ (was „überall“ ist, war auch schon „immer“). Macht ist „notwendig“ (was schon „immer“ war, ist auch „notwendig“). Macht ist „gut“ (was „notwendig“, ist auch „gut“: vernünftig: Hegel). Damit sind wir bei der Affirmation der Macht durch das Denken der Macht und damit zugleich des Freudschen Denkens das darin seinen Grund hätte: in der Emanzipation der Macht.
 
Gleichzeitig ist diese „Emanzipation der Macht“ bloßer „Schein“ der Schein, der sich selbstständig gemacht hat: Simulkar um (Baudrillard) [xix] weil Macht auf Zustimmung der Subjekte angewiesen ist Deshalb immer auch Ablehnung, Verweigerung (Widerstand) offen läßt. Und insofern handelt es sich tatsächlich um Affirmation, Zustimmung zum Diskurs der Macht die Emanzipation der Macht zu denken. Die Macht „zwingt“ sie dazu (zur Zustimmung), will sie zwingen aber die Subjekte müssen trotzdem ihre Zustimmung geben zu den Argumenten des Diskurses der Macht. Indem sie diesen zustimmen, sie übernehmen “unterwerfen“ sie sich ihnen – „freiwillig“ “wider besseres Wissen“ – das sie „verdrängen“ “unbewußt machen“. Sie „subjektivieren“ sich (Foucault) [xx] machen sich zu „Subjekten“ der Macht der Macht „unterworfene“ (assujettierte). Insofern stellt sich im Diskurs der MachtSubjektivität der Subjekte erst her (Foucault). Aber es ist das Ergebnis der Zustimmung der Subjekte die ihre Subjektivität bildet Und des „Vergessens“ dieser Zustimmung sie vergessen, daß sie es selbst waren, die zugestimmt haben. Und: sie „vergessen“ die Gründe, aus denen heraus sie zugestimmt haben machen sie „unbewußt“ die Gründe hinter den Begründungen.
Zustimmung zum Diskurs der Macht Das Thema Adlers – des ersten Dissidenten im Kreis um Freud: Wir haben bei Adler die Theorie des – kompensatorischen – Machtstrebens aus Ohnmachts- („Minderwertigkeits-“) gefühlen. Dieses Streben nach Macht und Überlegenheit ist natürlich eine Affirmation der Macht Zustimmung zum Diskurs der Macht die selbst das Gefühl der Ohnmacht erst produziert das mit der Zustimmung zu ihr überwunden werden soll. Die vielfältigen Strategien mit denen wir versuchen das Gefühl der Ohnmacht zu überwinden die meist nur zum Ergebnis führen, uns unsere Ohnmacht zu verbergen, die Kniffe der Selbsttäuschung, Verkennung, Tarnung der Lüge, das so tun als ob, der Selbstdarstellung, Verstellung des sich über andere Erhebens, des andere Entwertens, was uns das Gefühl gibt, ihnen überlegen zu sein  das Gefühl, stärker, mächtiger als sie zu sein Macht über sie zu haben. Diese Strategien, die meist damit verbunden sind, den anderen zu kränken, demütigen, verletzen diese Aggression ist für Adler nichtig einem Aggressionstrieb verankert sondern gerade in dem Gefühl der Ohnmacht, Unterlegenheit, Schwäche, das durch sie überwunden werden soll (Kompensation). Die “Hauptaufgabe der Kultur“ wäre danach also nicht „die Zähmung der aggressiven Triebe“ (wie bei Freud 1930) sondern (des Gefühls) der Ohnmacht.
Nichts scheint näherliegend als die Macht für dieses Gefühl der Ohnmacht verantwortlich zu machen die Tatsache der Macht (des einen) schaffe (beim anderen) dieses Gefühl der Ohnmacht. Ebenso wie sie (es) das (kompensatorische) Streben nach Macht anstachelt, entstehen läßt Die Macht bietet das Vorbild für die Überwindung des Gefühls der Ohnmacht(im Gefühl von Macht). Am Beispiel des Krieges – es war ja bereits der Ausgangspunkt unserer Überlegungen – läßt sich die Ohnmacht derer, die dem Diskurs der Macht zustimmen, sich ihm unterwerfen am überzeugensten zeigen, zeigt der Diskurs der Macht sich da doch in seiner „machtvollsten“ Dimension. Wir haben von Adler eine entsprechende Arbeit: “Eine massenpsychologische Studie über die Schuld des Volkes – am 1. Weltkrieg“: „Die andere Seite“

Adlers Behauptung:
Nicht aus Sympathie, oder aus kriegerischen Gelüsten […] sei es in den Krieg gezogen, sondern als „Opfer einer falschen Scham“ (13). Zur Schlachtbank gezerrt, gestoßen, getrieben sah es sich in tiefster Schande aller Freiheit und Menschenrechte beraubt (15) versuchte aus der Schande seiner Entehrung sich unter die Fahne seines Bedrückers zu retten (16) und tat so, als ob es die Parole zum Krieg ausgegeben hätte (15). Nun waren sie nicht mehr gepeitschte Hunde, die man gegen ihren Willen dem Kugelregen preisgab, – nein, Helden waren sie, Verteidiger des Vaterlandes und ihrer Ehre! In dieser seelischen Befreiung vom Gefühl tiefster menschlicher Erniedrigung und Entwürdigung, in diesem krampfhaften Versuch, sich selbst wieder zu finden, wichen sie scheu der Erkenntnis aus, nur armselige Opfer fremder Machtgelüste zu sein und träumten lieber von selbstgewollten und selbstgesuchten Heldentaten. […]
Nicht träumten sie von eigenen Heldentaten statt sie zu vollbringen sie träumten, während sie sie vollbrachten was – jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Heldentaten genannt wurde. „Traum“ und „Wirklichkeit“ stimmten überein Der Traum, das Denken der Subjekte hat den Diskurs der Macht „geschluckt“ den Gott des Generalstabs, und der spricht aus ihm (13). Nun hatte er wenigstens einen Haltund war der Schande und des Gefühls seiner Erbärmlichkeit ledig (15). Das Gefühl der Ohnmacht  die beschämende Erkenntnis, nur armseliges Opfer fremder Machtgelüste zu sein nur den Willen der Macht auszuführen wird durch das Gefühl von eigener Macht abzuwehren versucht die die Zustimmung zum Diskurs der Macht verschafft. Verleugnet wird allerdings (dann) auch das Streben nach Machtin der „Gegenfiktion“ des „Strebens nach Vollkommenheit“ für Ehre, Recht und Vaterland.

Die Verleugnung: der Realität der Macht durch die Beherrschten: sie ist zugleich auch das letzte Stadium der Herrschaft. [xxi] Sie ist nicht „Ohnmacht“ vielmehr ist Ohnmacht die Verleugnung der Zustimmung zum Diskurs der Macht: selbst eine „Fiktion“. Das „letzte Stadium der Herrschaft“ ist zugleich auch: der Krieg Herrschaft, Macht im Register der Gewalt Ohnmacht ist hier keine „Fiktion“ mehr. Aber der Krieg ist: die „Fortsetzung der Politik (des Diskurses der Macht) mit anderen Mitteln“ oder, wie Foucault umkehrt: „Die Politik ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln“. [xxii]
 
Der „Krieg“ – damit sind wir wieder am Ausgangspunkt meines Vortrags – der heute geführt wird wir sind Zuschauer bei diesem Kriegwir fühlen uns als Zuschauer. Aber er hat auch zugleich eine „Botschaft“ für uns. „Gladiatorenkämpfe“ sagte ich vielleicht ist das Bild Freuds besser geeignet, unsere Position und Rolle zu charakterisieren:„Ein Kind wird geschlagen“ (Freud) [xxiii] – womit wir wieder beim Anfang mit Freud angelangt wären. Wir sind nicht in der Position des geschlagenen Kindes wir schauen zu die Botschaft an uns: diejenige, die uns zur Zustimmung – zur Macht – bewegen soll und kann:„Wir“: die „Bevölkerung“ der „Metropolengegenüber: der Bevölkerung der islamischen Welt(bzw. jener Welt, aus der die Greuelmeldungen von Hunger, Elend, Krieg und Tod tagtäglich zu uns gebracht werden).
Wir: die Intellektuellengegenüber den blöden Bild-Lesern, unsere Köpfe stecken hinter anderen Zeitungen, wir, die FAZ-Leser, die alles durchschauen, mit dem blasierten Blick, der sich nicht engagiert wir, die mit dem besseren Geschmack Wir: der „Adel“ am Hof der Macht.
Unsere Zustimmung zur Macht ist nicht die direkte, sie ist indirekt.
 



[i]   Brief an Karl Abraham vom 26. Juli 1914 in: Freud, S. & Abraham, K. (1965): Briefe 1907-1926. Frankfurt / M., 180: „Ich fühle mich aber vielleicht zum ersten Mal seit 30 Jahren als Österreicher…“
[ii] Erdheim, Mario (1982): Die gesellschaftliche Produktion von Unbewußtheit. Frankfurt: Suhrkamp
[iii]   s. Jones, E. (1960-62): Das Leben und Werk von Sigmund Freud. Bern, Bd. II, 207
[iv]   s. Jones, E. (1960-62): Das Leben und Werk von Sigmund Freud. Bern, Bd. I, 43
[v] Freud, S. (1915): „Zeitgemäßes über Krieg und Tod“. GW X, 323-355, 324
[vi] Freud, S. (1915): „Zeitgemäßes über Krieg und Tod“. GW X, 323-355, 329f
[vii] Freud, S. (1930): „Das Unbehagen in der Kultur“. GW XIV, 419-506
[viii] Freud, S. (1915): „Zeitgemäßes über Krieg und Tod“. GW X, 323-355, 331
[ix] Freud, S. (1932): Warum Krieg? Brief an Einstein [auch in Sigmund Freud, GW XVI, 21]
[x] wie Erdheim gegen Eißler einwendet, dieser vernachlässige Bernfelds Theorie des „sozialen Orts der Neurose“ (1931) (39o)
[xi] Brief Freuds an Frederik Eeden, einige Monate nach Kriegsbeginn: zit n. Jones, E. Leben und Werk von Sigmund Freud, II, Bern/Stuttgart 1962, 434.
[xii] Warum Krieg? GW XVI, 24
[xiii] s. Jochen Hippler: „Neues, altes Rom. Eskalation und Dominanz: Freitag, 27, 28.06.02, S. 9
[xiv] Warum Krieg? GW XVI, 24
[xv] Athanasios Lipowatz: Diskurs und Macht. Marburg/Lahn 1982: Guttandin & Hoppe, 145 ff
[xvi] „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen….“ (1922): Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen: Mohr
[xvii] Sur la télevision. Liber – Raison d´agir. 1996 [Über das Fernsehen. Frankfurt/M: Suhrkamp 1998]
[xviii] Brückner, P. (1978): Versuch, uns und anderen die Bundesrepublik zu erklären. Berlin: Wagenbach, 120ff
[xix] Baudrillard, J. 1976. L’échange symbolique et la mort. Paris: Gallimard [dt.:Der symbolische Tausch und der Tod. München: Matthes & Seitz 1982]
[xx] Foucault, M. 1982. The Subject and Power. Afterword in H.L. Dreyfus & R. Rabinow: Michel Foucault: Beyond Structuralism and Hermeneutics (2o8-226) Chicago, 2o9 [dt.: “Das Subjekt und die Macht”, Nachwort von Michel Foucault, 243-264]
[xxi] Erdheim, Mario (1982): Die gesellschaftliche Produktion von Unbewußtheit. Frankfurt: Suhrkamp, 433

[xxii] Foucault, Michel (1975-76): Il faut défendre la société. Paris: Editions du Seuil und Editions Gallimard: 1996 [dt.: In Verteidigung der Gesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp 1999][xxiii] (1919): „Ein Kind wird geschlagen“. GW XII, 197-226:Der Vater, der das kleine Geschwister schlägt, sagt damit zugleich dem zuschauenden Kind etwas. Konfrontiert mit diesen Botschaften übersetzt das Kind vorzugsweise mit der „Sprache“, über die es verfügt: „Mein Vater liebt dieses andere Kind nicht, er liebt nur mich.“