„Die Unterwerfung der Psychotherapie unter die Gesetze des Marktes transformiert diese in grundlegender Weise“

Von der Notwendigkeit, die gesellschaftliche Realität (in der Psychoanalyse) zur Kenntnis zu nehmen

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I.

In einem bemerkenswerten und viel beachteten Beitrag „Verstehen nach Schemata und Vorgaben?“ setzt sich Giovanni Maio mit den ethischen Grenzen einer Industrialisierung der Psychotherapie“ auseinander. (im Psychotherapeutenjournal 2/2011, 132-138) :
Die gegenwärtige Psychotherapie sei wie viele andere Bereiche unserer Gesellschaft auch dem Diktat der Ökonomie so weit unterworfen, dass darunter ihre ureigene Identität verloren zu gehen droht ihre Identität nämlich als verstehende Sorge um einen leidenden Menschen
Die Auswirkungen der Ökonomisierung seien deswegen besonders prekär, weil sie nicht nur den äußeren Rahmen psychotherapeutischer Arbeit diktieren, sondern weil sie zu einem allmählichen inneren Bewusstseinswandel führen, der sich so schleichend und kaum merklich vollzieht.
Viel zu oft gerate bei diesem Trend aus dem Blick, dass die Psychotherapie konstitutiv auf eine Begegnung angewiesen ist;
diese Begegnung sei nicht in ein standardisiertes Verfahren zu gießen.
Unter dem Druck der Ökonomisierung gehe der Begegnungscharakter der Psychotherapie verloren, das Singuläre und Unverwechselbare der Begegnung werde ausgeblendet (abstract)

An die Stelle der Vertrauensbeziehung Tritt eine Vertragsbeziehung, eine sachliche statt einer persönlichen Beziehung

Der Patient [iS eines Not leidenden Hilfesuchenden] Ist stattdessen Konsument geworden, ein anspruchsvoller Verbraucher von Gesundheitsleistungen, ein “Kunde“
Mit der Ökonomie komme durch die Hintertür die Vorstellung der wissenschaftlichen Machbarkeit hinein, die in den Kategorien der Naturwissenschaft den Menschen als Maschine sehe. Hier spreche man von evidenzbasierter Wissenschaft, von verobjektivierbarer Wirksamkeit, mit der jede Krankheit und Krise steuerbar, planbar, behebbar ist wenn man das richtige Mittel anwendet (S. 135)

Daher werde nach einem Schema gesucht, nach einem standardisierten Verfahren weil sich innerhalb vorgegebener Schemata besser abrechnen lässt, aber nicht nur deshalb, sondern weil die Schemata versprechen, dass man Psychotherapie auch effizienter, schneller, ergiebiger machen kann.
Das aber gehe an dem Kern der PT vorbei, und dieser Kern sei ja die Beziehung, die Zuwendung, das authentische Verstehen: darin liege das Heilsame der PT und dies könne nicht reduziert werden auf evidenzbasierte Verfahren, auf messbare Parameter (S. 136)

Vielleicht denken Sie nun, hier werden für Psychoanalytiker Eulen nach Athen getragen!?, wir sind damit nicht gemeint!?
Die Reaktionen auf diesen Beitrag im PT-Journal waren auf der einen Seite emphatische Zustimmung, auf der anderen rigorose, manchmal unflätige Ablehnung.
Maio beschreibt aber Trends, die von der Gesundheitsindustrie/-& Politik ausgehend, relativ langsam fast unmerklich den Rahmen unseres Arbeitens bestimmen und die in unseren Reihen allzu bereitwillig selbst aufgegriffen werden – und denen von unseren Berufsverbänden keinerlei Widerstand entgegengesetzt wird – im Gegenteil: sie machen oder fördern selbst Forschung, die die Zielvorgaben der Evidenzbasierung und Schematisierung verfolgen, nicht zu letzt aus dem Kalkül, die eigene Existenz – die ja für viele tatsächlich bedroht ist – zu retten bzw. herzustellen für diejenigen, denen sie durch das Fehlen von Kassensitzen verweigert wird

II.


Es rächt sich, dass die PA die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht zur Kenntnis genommen hat, dass sie die sozialen Probleme nicht in den Blick genommen hat.
Eigentlich ist es doch so: die Psychoanalyse hat über Generationen hinweg die gesellschaftliche Realität vernachlässigt, als „äußere Realität“ aus ihrem Horizont ausgeschlossen. Und jetzt überfällt diese sie hinterrücks. Darauf ist die Psychoanalyse nicht vorbereitet.
Vor 35 Jahren hatte Paul Parin gefordert, die gesellschaftliche Realität nicht aus der Psychoanalyse, nicht aus der psychoanalytischen Therapie auszuschließen, sondern sie explizit hereinzubringen, dadurch dass er Ergebnisse der Gesellschaftstheorie & Kritik für seine Deutungsarbeit heranzieht. und zwar aus Gründen der erfolgreichen Durchführung der Therapie/Analyse selbst. [i]
Der Analysand soll dadurch in die Lage versetzt werden, seine Problematik nicht nur als Resultat seiner individuellen und insofern zufälligen Biographie zu deuten, sondern sie zugleich als Ergebnis einer von bestimmten Machtstrukturen gekennzeichneten Gesellschaft zu verstehen.

1977 hat Parin diesen Vorschlag ergänzt mit der Analyse der Bedeutung der Bearbeitung der „Anpassungsmechanismen“ für die Therapie der Neurose.
„Die Anpassungsmechanismen [dienen der Entlastung des] Ich von der ständigen Auseinandersetzung mit der Außenwelt [in ähnlicher Weise], wie die Abwehrmechanismen das gegenüber den abgewiesenen Triebansprüchen leisten.
Die andere Seite der Entlastung ist jedoch Erstarrung und Einschränkung: Was das Ich an Stärke gewonnen hat, büßt es an Flexibilität und Elastizität ein.
Die Analyse vertieft sich, schreibt Parin (1977, S. 485f)wenn man dem Ich durch solche Deutungen [der Anpassungsmechanismen], vorübergehend die stützende Funktion seiner automatischen Anpassung entzieht.“
Die Bewusstmachung [dieser Mechanismen] ist für die Ich–Entwicklung in der Therapie von entscheidender Wichtigkeit. (Parin 1977, S. 501)

Inzwischen – Parins Vorschläge sind ohne Nachfolge geblieben – Haben wir ein neues Stadium erreicht: nun kommt diese „äußere“ Realität, vor der die Psychoanalyse so gerne ihren Blick abwendet über sie und entzieht ihr auch noch die bisherigen Bedingungen ihrer Arbeit.
Nun geht es nicht mehr – wie noch bei Parin – um die Vollständigkeit bzw. Unvollständigkeit der Analyse, sondern um ihre Arbeitsbedingungen selbst.
Es geht nicht mehr „nur“ darum, die gesellschaftliche Realität in der psychotherapeutischen Praxis (im Deutungsprozess) sichtbar werden zu lassen, sondern inzwischen müsste der Analytiker die Bedingungen und Voraussetzungen dieser Praxis selbst verteidigen, also: aus den Grenzen (sic!) seines Settings heraustreten, in die Öffentlichkeit vor deren grellem Licht ihn bisher die „Abstinenz“ vermeintlich geschützt hatte
Diese Forderung – in die Öffentlichkeit zu treten – vertritt Jürgen Hardt Psychoanalytiker, 10 Jahre Präsident der hess PT-Kammer

Als solcher hat er sich in diese äußere Realität begeben und dabei die Erfahrung gemacht, die er umschreibt als das „Ende oder der Abstieg der Einsicht in politischen Entscheidungsprozessen“.
Er fordert deshalb vom Psychoanalytiker, Stellung zu beziehen und zwar außerhalb seines therapeutischen Elfenbeinturmes, in politische Prozesse und Diskurse einzugreifen und zwar gerade als – wie er sich ausdrückt: „Fachmann für das Ubw“

Auch Jürgen Hardt geht – wie Maio – aus von der Vorstellung (vom Bild) der „Transformation“ einer „Kultureinrichtung“ durch deren Ökonomisierung: der Transformation der „solidarischen Krankenbehandlung“ in die „wettbewerbliche Gesundheitswirtschaft“.
in dieser „wettbewerblichen Gesundheitswirtschaft“ sieht Hardt – ähnlich wie Maio – das Ende der Psychotherapie
Aber er bleibt nicht dabei stehen, sondern sieht daraus zugleich auch eine politische Verpflichtung der PA erwachsen
Denn: es werde ein ethisches Gebot verletzt wenn Einsicht nicht mehr verantwortlichem Handeln vorausgehe
Dieses ethische Gebot dass Einsicht verantwortlichem Handeln vorausgehen soll verbinde Politik wie Therapie
Die politische Verpflichtung der Psychoanalytiker als „Fachleute des Unbewussten“ besteht nach Jürgen Hardt darin, die Tatsachen unseres Lebens in Erinnerung zu halten Weil nicht mehr zu unterscheiden sei, zwischen den Gefahren von „außen“ und denen von „innen“, müsse der PAler sich verstärkt dem „außen“ zuwenden dort sich einsetzen das Wissen des „Innen“ (Experte des UBw) nach „außen“ tragen
So zB: sei er gefragt, wenn es darum geht, ob die Ängste der Bevölkerung angesichts der aktuellen Bedrohung neurotische oder reale seien, durch die realen Gefahren d Umwelt begründete

Die Vorstellung vom Experten des Ubw rührt natürlich an die Frage des Ubw selbst gibt es das – für alle Analytiker gleiche – Ubw?
und ist es nicht die Konzeption des Ubw als losgelöst von der äußeren, genauer: gesellschaftlichen Realität, die uns in diese Sackgasse geführt hat, indem sie die gesellschaftlichen Verhältnisse unserem Blick entzogen hatte, die uns jetzt hinterrücks und unvorbereitet überfallen?
Muss nicht die Konsequenz gezogen werden aus dem Scheitern der Psychoanalyse, auf ihrem eigenen Feld dem Scheitern, ihr eigenes Feld zu verteidigen. Muss dieses Scheitern nicht betrachtet werden als Folge der psychoanalytischen „Blickabwendung“ihrer Verleugnung der gesellschaftlichen Kräfteund der Verdrängung ihres eigenen Versagens, Wegguckens, Augenverschließens
Das „Ubw“ des Experten des Ubw kann nicht das der „alten“ Psychoanalyse sein
Das Ubw muss in seiner gesellschaftlichen Bestimmtheit erfasst werden, verstanden werden als Sediment der (gesellschaftlichen und gesellschaftlich bestimmten) Erfahrung

III.


Die Unterscheidung zwischen „innen“ und „außen“ ist in der klassischen Psychoanalyse mit einer zweiten (weiteren) Unterscheidung verbunden: mit der zwischen „Natur und Kultur“
Genauer an die Vorstellung eines Widerspruchs von Natur und Kultur und zwar an die Idee der Bedrohung durch „Natur“gewalten, denen die Kultur Einhalt gebieten solle.
Dabei ist es gar nicht primär die Bedrohung von außen, sondern primär von innen, von den inneren Triebkräften des Individuums
Die Kultur, deren Sinn es sei, das Leben gegen drohende Gefahren zu schützen, beruhe – so Jürgen Hardt – auf der Einsicht in die Tatsachen des Lebens.
Diese „Tatsachen des Lebens“ sieht Jürgen Hardt darin, – dass wir einander bedürfen, um überleben zu können. – und dass wir uns Triebeinschränkungen auferlegen müssen,    wenn wir nicht in einen Krieg aller gegen alle zurückfallen wollen,    den niemand gewinnen kann (4).
Diese Einsicht in die Tatsachen des Lebens habe Freud nur „Menschen von überwältigender Geisteskraft“ und mit tiefer Einsicht in die Notwendigkeiten des Lebens zugetraut, einer „Führerpersönlichkeit“, die die – „irrationale“ – Masse „mit Vernunft lenkt und den Kulturprozess sichert und befördert“ (13)
Gegen Ende seines Lebens sei Freud allerdings „skeptisch“ geworden – „in seinem Glauben an Vernunft und Einsicht“ – meint Jürgen Hardt: habe er doch noch erleben müssen, dass seine Staatsidee, für die er Platon als Gewährsmann angeführt hatte, „in perverser Form“ sich zu verwirklichen schien.

Ich denke, man muss nicht den Glauben an Vernunft und Einsicht aufgeben, sondern den an die Führerpersönlichkeit
Das bedeutet im Rahmen der Psychoanalyse zugleich,den Glauben daran aufzugeben, dass es „Natur“ -gewalten seien, denen „die Kultur“ Einhalt gebieten sollte.
Im Gegenteil wäre zu erkennen, daß die Bedrohung bereits von den Mächten der „Kultur“ selbst ausgeht,von der – kulturellen, gesellschaftlichen – Macht der Menschen – über andere Menschen.
Diese Bedrohung durch die gesellschaftlichen Mächte (durch die gesellschaftliche Macht von Menschen)ist es, die in die Natur lediglich verschoben wird, als Bedrohung durch die Natur(gewalten) dargestellt wird.
Gewiss „konstituiert sich das Individuum im Austausch mit der Natur“ (Brückner, S. 68). Aber: „damit gerät es [das Individuum] unter die jeweiligen konkreten Entwicklungs-Bedingungen, die ihm der historische Stand von Wissenschaft, Technik, Kultur und der gesellschaftlichen Verhältnisse setzt (Brückner, S. 69).
die „Natur“ ist keine von Menschen unberührte, sondern durch sie veränderte, also historisch bestimmte.
Und zugleich gilt: was als „Natur“ erscheint, ist historisch geworden und damit auch wieder veränderbar: die Handlungsbereitschaften, Denkmuster, Gewohnheiten: die „Zweite Natur“ des Menschen selbst

„Die Entfaltung zur kapitalistischen Produktionsweise ist zugleich die Geschichte einer Verkehrung: Die ungeheure Entwicklung von Wissenschaft, Technik bedeutet keine allseitige Entfaltung des Individuums, oder der Möglichkeiten des Menschen, sondern die Produktion des Menschen als eines „ebenso geistig wie körperlich entmenschten Wesens“ (Marx)
d.i.: seinem Gattungswesen entfremdet.
“unser eigenes Produkt hat sich auf die Hinterfüße gegen uns gestellt“ verfestigt zu einer sachlichen Gewalt über uns, die unserer Kontrolle entwächst, unsere Erwartungen durchkreuzt.
Die Verkehrung zeigt sich darin, dass die Menschen leben, um zu arbeiten statt dass sie arbeiten, um leben zu können:                                 oder wie der Soziologe Ulrich Beck taz vom 31.10.2011:         dass „Wirtschaft die Demokratie dominiert, statt          dass die Demokratie die Wirtschaft kontrolliert. [ii]
was die Menschen wollen, spielt längst keine Rolle mehr. Die Interessen der gerne als „Finanzmärkte“ umschriebenen Spekulanten, der Groß- und Investmentbanken und Hedge-Fonds, bestimmen die Agenda. Von Demokratie ist heute gar nicht mehr Rede. Die Märkte und ihre Interessen diktieren der Politik, wo es lang geht. Die Börsenkurse gelten dabei als Gradmesser des Erfolgs. (Jens Berger NDS 03.11.2011)
Frank Schirrmacher (FAZ 02.11.2011) spricht noch vom „Machtkampf zwischen dem Primat des Ökonomischen und dem Primat des Politischen“
und Habermas der einen Gegensatz zw System & Lebenswelten erblickte:nimmt den Ball auf und ruft zur „Rettung der Würde der Demokratie“ auf: (2011): Rettet die Würde der Demokratie. Papandreou hält dem zerrissenen Europa den Spiegel vor. Ein Kommentar zu Frank Schirrmachers „Demokratie ist Ramsch“. (FAZ 04.11.2011)
Beides Kommentare zur „Krisen“-Politik,die unbeirrt und immer unverhohlener auf die – „marktkonforme“ Transformation der Demokratie zusteuert – „marktkonforme Demokratie“ wie Merkels neueste Parole lautet

In der Krise zeigt sich das „Skandalon“ der Verkehrung, die im Kapitalismus ihr Maximum erreicht: Der durch ihre Arbeit erzeugte Reichtum kommt nicht ihnen, der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung zu gute, sein hauptsächlicher Zweck ist es, den Reichtum einer kleinen Minderheit zu vermehren.
Was diese Verkehrung die Entfremdung des Menschen von sich selbst(von seinem Gattungswesen)für seine „Individuierung“ bedeutet, findet in der PA ihren theoretischen Ausdruck, in den undurchschauten Abhängigkeiten, die Freud nachwies (68).„aber sie weiß dies nicht und kann deshalb ihren adäquaten Ausdruck noch nicht finden“ (S. 71)
Auf seinem langen Weg von der „Mutter-Kind-Dyade“ bis zum Erwerbstätigen [iii] konstituiert sich d Individuum bereits als zerrissenes, (70)gespalten – durch Herrschaft, Macht (69)
vielleicht der Grund, weshalb die PA den „Konflikt“ ins Zentrum rückt aber: Die Psychoanalyse begreift die „Zerrissenheit“ nicht als Phänomen der gesellschaftlichen Entwicklung sondern verlagert diese in die sogen Triebentwicklung, Triebschicksale(s. dagegen Gross)
Zwar habe Freud, wie Peter Brückner formulierte, in Bezug auf den Widerspruch von Natur und Kultur gesehen, »was Herrschaft den Individuen zufügt«, »was die ›Ungleichheit der Vermögen‹ für die Aggressivität in den zwischen-menschlichen Beziehungen bedeute«, (Brückner 1972, S. 74),
ihm sei aber »die wirkliche, anthropologisch-geschichtliche Substanz dieser Verhältnisse entgangen«: nämlich, »dass die Gattungskräfte nicht die der Individuen sind, sondern des Privateigentums« (Brückner 1972, S. 74):
der Skandal der Verkehrung, der im Kapitalismus sein Maximum erreicht also das Produktionsverhältnis« (ebd., S. 74).
Deshalb wäre, was die Psychoanalyse über die Individuen ermittelt, »unter Reflexion auf diesen Skandal zu (re)formulieren. [iv]
Dieses Desiderat (der Reflexion auf diesen Skandal der Verkehrung)ist theoretisch und historisch nicht eingelöst.
Vielmehr hat die Psychoanalyse die realen Erfahrungen für die Erklärung psychischer Entwicklung ausgeschaltet zugunsten der Phantasietätigkeit.
Und diese psychische Entwicklung endet für sie mit der frühen Kindheit, alles weitere ist für sie Wiederholung.
Leupold-Löwenthal lässt diesen Ausschluss von Realereignissen mit Freuds Aufgabe der Verführungstheorie beginnen, mit der Freud die sexuelle Verführung des Kindes in die Phantasie verlegte (1988, S. 279).
1908 hatte Freud Erklärungen über die „Nervosität“ durch zivilisatorische Einflüsse (wie Hektik, Lärm, Schnelligkeit etc.) als „unzulänglich“, zurückgewiesen (1908, S. 144-148). Nur gelegentlich spricht Freud vom »realen Leiden» oder von Erkrankungen durch ein »äußeres Moment» – wobei er eher an das (traumatische) Ereignis eines „Objektverlustes“ zu denken scheint und weniger an fortwährend einwirkende Lebensbedingungen (1912, S. 322f).
Als er sich im Zusammenhang mit dem Krieg mit dem realen Trauma der Kriegsneurose befassen musste, psychologisiert er auch hier: Kriegsneurose sei ein Ich-Konflikt zwischen dem alten friedlichen und dem neuen kriegerischen Ich angesichts der realen Lebensgefahr (1919, S. 323).
in der psychoanalytischen Therapie führt dieser Ausschluss von Realien – sofern die Praktiker dieser Theorie folgten – zu einer folie à deux, wie Leupold-Löwenthal im Anschluss an Jeanne Lampl-de Groot schreibt.
Die psychoanalytische Therapie wird „weltlos“, – so Dahmer (2004, S. 9), um damit bei sich und den Patienten den Abwehrmechanismus der Anpassung, die stillschweigende Akzeptanz der Realitäten, zu befördern.
Auch Anna Freud oder Otto Fenichel kritisierten die Überbetonung der psychischen Realität gegenüber der äußeren Realität (in Übertragung und Widerstand) (Anna Freud), den »Widerstand des Analytikers in seiner Vernachlässigung des Lebens» (wie Fenichel sagt) (Leupold-Löwenthal 1988, S. 293).
Dabei geht es ja nicht um eine Alternative entweder psychische oder objektive Realität.
Vielmehr steht psychische Realität in einem komplexen, dialektischen Verhältnis zur äußeren erfahrenen Realität. Innen und außen sind voneinander abhängig.
Psychische Realität ist eine individuelle, schöpferische (wie Adler sagen würde) Verarbeitung der je erlebten objektiven Realität, durch die Strukturen und Lebensstile gebildet werden.
Psychische Realität gibt der äußeren Realität Sinn, Bedeutung, Bewertung. Darin gehen sog. Fakten, wie sie wahrgenommen werden, ein, aber auch intersubjektiv vermittelte Sichtweisen, sozial vermittelte Normen, Werturteile, Diskurse, die offene und versteckte Botschaften transportieren. Innerpsychisches ist intersubjektiv vermittelt, wie die Intersubjektivsten sagen (Stolorow).
Wir verkennen die psychische Realität in ihren bewussten und unbewussten Anteilen, wenn wir nicht die soziale Macht und den gesellschaftlichen Diskurs einbeziehen, kennen und anerkennen.
„Wirtschaftliche und soziale Fragen können hier nicht zur Behandlung kommen“. Das hatte Ernst Bloch in der Zeit der Arbeitslosigkeit, der Wohnungsnot, des Hungers nach dem 1.Weltkrieg in einer Wiener psychoanalytischen Beratungsstelle für verhinderte Selbstmörder als Aushang gefunden (zitiert im „Prinzip Hoffnung“ (1979, S. 72). Natürlich könnte man dies so verstehen, dass es in der psychoanalytischen Beratungsstelle keine finanzielle Unterstützung gibt oder keine Arbeitsstellen vermittelt werden. Aber Bloch versteht den Aushang offenbar so, dass es die zentralen, Depressionen auslösenden Sorgen und Ängste sind, die die Psychoanalyse, in einer Art von Wolkenkuckucksheim schwebend, nicht sähe, die nicht Thema sein dürfen, ausgeklammert seien. Bloch ging davon aus, dass damals über 90% der Selbstmorde aus wirtschaftlicher Not geschahen.
Aber damit bleibe auch gerade das verborgen, worum es der Psychoanalyse erklärtermaßen geht: Das Innenleben bleibt verborgen, wenn wir das Außen nicht sehen, das Innen erschließt sich erst über das Außen.
„Verständlicherweise war vom Innenleben des verhinderten Selbstmörders auf diese Art wenig zu erfahren.“ (1979, S. 72).
Psychoanalyse entmaterialisiert (Ludwig Rubiner); indem sie nur das Innen (der „psychischen Realität“) sieht, – sieht sie es nicht. Letztlich steht hinter der Vernachlässigung des Außen die Vernachlässigung der existentiellen Grundlagen der Selbsterhaltung, theoretisch und praktisch.
„Der Hungerstachel“ wird von der Psychoanalyse „sekretiert“ wie Bloch sagte, der “Selbsterhaltungstrieb“ … merkwürdigerweise nicht dem Magen und Leibsystem insgesamt zugeordnet.“ Ohne Nahrung, schreibt Bloch weiter, lasse es sich nicht leben, aber ohne Liebesgenuss, ohne Befriedigung des Machttriebs und ohne „Regression zur Urzeit“, wie er gegen die Trias Freud, Adler, Jung schreibt (S.71-73).
und dieser Ausschluss von Außenwelt und Arbeitswelt wird auf die Spitze getrieben durch den Ausschluss von Vater, in der Konzentration auf die Mutter-Kind-Dyade. In der Mutter-Kind-Dyade erscheint der Ausschluss der gesellschaftlichen Realität am überzeugendsten, – was natürlich ein Irrtum ist, denn das Umfeld, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Familie, prägen selbst die Mutter-Kind-Dyade und rufen spezifische Bewältigungsstrategien hervor. In allen späteren Lebensphasen, ab der Zeit, in dem das Kind nach außen geht (Kindergarten) kann dieser Ausschluss der gesellschaftlichen Realität nur noch durch das Konstrukt aufrechterhalten werden, alle späteren Entwicklungen nur als Neuauflage der frühkindlichen Konflikte zu definieren (Erdheim 1990, S. 27).

IV.

»was Herrschaft den Individuen zufügt«wäre also das Thema der Psychologie,
einer Psychologie, der bereits Freud die Aufgabe / den Auftrag zu einer „rücksichtslosen Bloßlegung [der] Schäden und Unzulänglichkeiten“ [v] der Gesellschaft gestellt hatte (1910). Daraus auch begründete er das Selbstverständnis, die Gesellschaft „muss sich im Widerstande gegen uns befinden, denn wir verhalten uns kritisch gegen sie“ und „zerstören Illusionen“; „wir weisen ihr nach, dass sie an der Verursachung der Neurosen selbst großen Anteil hat“.

Wenn das die von Freud der PA gestellte Aufgabe gewesen war, dann könnte sie diese Aufgabe aber nur erfüllen, wenn sie „Herrschaft“ überhaupt zur Kenntnis nimmt, wenn sie die Tatsache von „Herrschaft“ in ihre Überlegungen, Untersuchungen, in ihre Praxis einbezieht, reflektiert und nicht verschweigt.
Zu dem, »was Herrschaft den Individuen zufügt«, gehören auch die „Deformationen“ mit denen die Individuen auf die Zumutungen der Herrschaft antworten. bzw. die aus dem Versuch entstehen, auf die Zumutungen der Herrschaft zu antworten, aus dem Versuch, unter diesen Zumutungen der Herrschaft zu überlebenund trotz dieser.
Die bei Maio beschriebene „Konsumentenhaltung“ der Patienten wäre ZB eine solche – deformierte – Antwort auf die gesellschaftliche Deformation ebenso wie der Wunsch, schnell wieder marktfähig zu werden
Derartige Erwartungen entstehen aus gesellschaftlichen Versprechungen, bzw. Zumutungen,                           ebenso wie die Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit, die die Patienten in die Therapie mitbringen.

Die Individuen antworten also (mit/durch ihre(n) Deformationen)auf das, was Herrschaft ihnen zufügt.
Zugleich verleugnen sie aber auch diesen Zusammenhang, verleugnen, dass sie sich den Zumutungen der Herrschaft unterworfen haben, dass sie sich an diese angepasst haben, als Überlebensstrategie (Abwehrmechanismen sind Anpassungsmechanismen: Parin [vi] )

Insofern auch bringen die Individuen die Gesellschaftlichkeit, von selbst in die Analyse: die gesellschaftliche Bedingtheit ihrer Probleme und ihrer Lösungsversuche durch ihr Verhalten und ihre Interpretation ihres Verhaltens –
der Psychoanalytiker muss diese Gesellschaftlichkeit gar nicht erst rein bringen, sondern (die bereits rein gebrachte, von den Analysanden rein gebrachte Gesellschaftlichkeit) nur wahrnehmen (und gegebenenfalls thematisieren).

Das ist es (eigentlich auch) bereits, was Parin vorgeschlagen hatte, wenn er die gesellschaftliche Realität in der analytischen (therapeutischen) Arbeit präsent zu halten forderte (vermittels der „Gesellschaftskritik im Deutungsprozess“).
Er stellt(e) dem Psychoanalytiker die Aufgabe:immer die Gesellschaftlichkeit der Probleme des Pat. zu reflektieren und von daher das eigene Handeln des Therapeuten zu reflektieren und zu setzen.

Der Schritt nach außen, in die gesell Öffentlkt, bzw. Politikden Jürgen Hardt geht (und fordert): liegt durchaus auf dieser Linie.
Dieser Schritt erfordert(e) zugleich auch einen anderen Begriff von Realität sowohl von „äußerer“ Realität als gesellschaftlicher als auch von „innerer“ (psychischer) Realität (als vergesellschafteter).
Er zeigt aber auch, dass wir als „Fachleute für das Unbewusste“ zugleich aber auch einen anderen Begriff des Unbewussten benötigten: einen, der das Unbewusste nicht in die (Trieb)“Natur“ verbannt, sondern seine Quellen auch in der „Kultur“ berücksichtigt dh in der gesellschaftlichen Realität der Macht, der Herrschaft des Menschen über den Menschen.
Auch diese, die „Tatsache“ der Herrschaft gehört(e) zu den „Tatsachen des Lebens“ (facts of life) die in der kleinianisch bestimmten Traditionwieder reduziert sind auf die Quasi-Natur-Tatsachen:Zeugung, Geburt und Tod.

V.


Wenn „äußere“ Realität als gesellschaftliche zu konkretisieren ist, so ist „innere Realität“ nicht frei von gesellschaftlichen Einflüssen, Wirkungen. Sie ist Antwort auf die „äußere“, gesellschaftliche Realität, deren Verarbeitung, der über Familienmitglieder, Freunde, Kollegen, vermittelten bis hin zu den „Pseudo“-Freunden in den Medien, nicht nur der Vergangenheit des Individuums, sondern auch der Gegenwart
Gesellschaftliche ist die Realität von Anfang an sowohl die innere als auch die äußere in vielfältiger Form, Gestalten, Vermittlungsebenen bereits in der Dyade von Mutter und Kind gegeben: die Mutter vermittelt dem Kind ihre Haltung zum Leben (zu den „facts of life“)ihre Sicht auf die gesellschaftliche Realität ihreÜbernahme gesellschaftlicher Normen, Erwartungen, Bewältigungsweisen – mehr ubw als bew
Außerhalb dieser ersten Dyade warten andere:ebenso wenig frei von gesellschaftlichen Einflüssen
manche sehen in der von Vater und Kind bereits eine andere, die zweite nach der von Mutter und Kindund binden daran die Theorie der „Triangulierung“, des Ödipus (wie Freud)(und glauben damit bereits alle Ebenen der Beziehungen durchlaufen zu haben
Aber es warten noch weitere:sowohl innerhalb der Familie: die Geschwister, Großeltern, Onkel und Tanten, Cousinen und Vettern, Neffen und Nichten, Freunde der Eltern und der anderen Familienmitglieder:Sie alle bringen neue Elemente, neue psychische Realitäten, neue Sichtweisen der äußeren Realität und Umgangsweisen mit dieser in die ursprüngliche „psych Realität“
außerhalb der Familie kommen dann Schule mit Lehrer und Mitschüler, deren Eltern und weitere Familien, deren Freunde bis hin schließlich zu Kollegen, und alle Formen der Beziehung im Erwachsenenalter
Jede neue, weitere Beziehung sprengt die Ausschließlichkeit der Beziehung zwischen Zweien der vorangegangenen Ebeneund bringt Erfahrungen, Sichtweisen und Handlungsmuster die bisher noch nicht vorhanden waren:
das was wir mit „Triangulierung“ bezeichnen(und auf das Dreieck Mama-Kind-Papa beschränken) wiederholt sich auf jeder weiteren Ebene mit jeder neu hinzutretenden Beziehung
Immer haben wir Einfallstore für äußere Realität und Anlässe für deren Verarbeitungen die nicht folgenlos bleiben
Einen Einschnitt muss man allerdings herausheben:den Übergang von der Familie/Schule in den Beruf, Brückner erscheint dieser als derart gravierend, dass er ihn als „zweite Geburt“ bezeichnet
Hier wird nicht eine Ebene der Beziehung von einer weiteren abgelöst hier kommt vielmehr eine qualitativ andere Dimension dazu:die mit dem Beruf verbundene (meist hinter diesem versteckte)Dimension der Warenförmigkeit, des (Tausch)Werts
Maio sprach ja von Vertragsbeziehung die an die Stelle der Vertrauensbeziehung trete, sachlicher Beziehung statt persönlicher Beziehung
auf dieser Ebene tritt die Notwendigkeit für den Einzelnen, sich als Ware zu betrachten und zu behandeln mit unübersehbarer Deutlichkeit in Erscheinung
(im Unterschied zu den „psychologischen“ Dimensionen in den Beziehungen auf den vorangegangenen Ebenen (obwohl die Warenförmigkeit auch in diese eindringt, indirekt, vermittelt über andere Personen, Dinge (Spiele und Spielzeuge), Erzählungen usw)
Man könnte umgekehrt sagen: der (Tausch)Wert, die Warenförmigkeit, das Geld dringt deshalb in die persönlichen, familiären, freundschaftlichen Beziehungen ein, weil es (das Geld) das Medium des gesellschaftlichen Zusammenhalts ist (und nicht die persönlichen Bande)
Mit dem Eintritt in den Beruf rückt dieses Medium an die erste Stelle der Orientierung, Lenkung, Beurteilung, Planung, Vorstellung, Entscheidung
Heute: etwas, was vor 40 Jahren noch keine Rolle gespielt hat – (zumindest im allgemeinen Bewusstsein nicht) – der Eintritt in den Beruf wird vielen verwehrt, zumindest erschwert Praktikum, vorübergehende Jobs, Zeitverträge USW
Aber diese Veränderung bedeutet nicht, dass ihnen damit erspart wird, unter die abstrakte Logik der Waren-Verhältnisse subsumiert zu werden, sie werden vielmehr ausgeschlossen – von der Teilhabe am Markt.
Diese (durch den Ausschluss erzeugte) Differenz überlagert und verschärft zugleich jene Differenz die Brückner im Auge hatte und die er an den Unterschieden des Alters des Berufseinstiegs festmacht und damit der durch die unterschiedliche Länge der Vorbereitung auf diesen Berufseinstieg bedingten Differenz der Lebensverhältnisse, kurz die Differenz der gesellschaftlichen Klassen:
Der Lebensabschnitt vor dem Berufseinstieg, mit „Jugend“ bezeichnet ist für die einen kurz, für die anderen länger, und deshalb für die letzteren mit der Möglichkeit der Entfaltung einer differenzierten „Kultur“ verbunden (Bruder-Bezzel & Bruder)
Solche Jugend-Kultur kann die Absetzbewegung gegen das Herkunftsmilieu der Eltern in die Gesellschaft hineintragen und damit zugleich zur Quelle und Ressource für Veränderung werden. [vii]
Veränderung von gesellschaftlich wie selbstverständlich Gegebenem und damit auch: von der PA für selbstverständlich Gehaltenem

Mein Thema war, die Notwendigkeit die gesellschaftlichen Verhältnisse innerhalb der PA zur Kenntnis zu nehmen.
Ich habe mit einigen prominenten zustimmenden Stimmen innerhalb der pa Community versucht, diese Notwendigkeit aus der Arbeit des Psychoanalytikers selbst zu begründen.
Ich habe dann zu begründen versucht, dass diese Arbeit des Psychoanalytikers wenn er die gesellschaftlichen Verhältnisse innerhalb seiner Arbeit zur Kenntnis zu nehmen versucht, zugleich andere Begriffe braucht:
– einen anderen Begriff der psychischen Realität sowohl von „äußerer“ Realität als gesellschaftlicher als auch von innerer (psychischer) Realität (als vergesellschafteter)
– ebenso einen anderen Begriff des Unbewussten einen, der das Unbewusste nicht in die (Trieb)“Natur“ verbannt, sondern seine Quellen auch in der „Kultur“ berücksichtigt dh in der gesellschaftlichen Realität der Macht

Erstaunlich, dass dieser Einschnitt von der Psychoanalyse nicht ernster genommen wurde (mit Ausnahmen: Erikson, Erdheim)vielleicht spricht daraus deren Sorge die Jugend verliere den Anschluß an die Gesellschaftliche „Realität“oder besser umgekehrt: die „Gesellschaft“ verliere „ihre“ Jugend (an ihre Gegner)s. Bohleber)
in dieser (impliziten und versteckten) politischen Stellungnahme der PA zeigt sich jene, die gesamte Gesellschaft durchziehende Struktur: von Herrschaft: Die in der Differenz der Lebensgelände (nur) versteckt ist: die Spaltung der Gesellschaft in Herrschende und der Herrschaft Unterworfene. [viii]
(Differenz in die von System und Lebenswelt bei Habermas)
Diese Differenz ist tatsächlich eine, die die schrittweise Abfolge von einer Ebene persönlicher (personaler) Beziehungen zur nächstenqualitativ und grundlegend sprengt die Kontinuität, die in der bloßen Aufeinanderfolge noch liegt, vollkommen überschreitet: Triangulierung
Triangulierung meint ja:Aufsprengen eines geschlossenen Systems. Aufsprengen des Systems der Familie durch die staatlichen Institutionen:(s. Trotha)
Dieses Aufsprengen ist zugleich unbewusst – (weil sie – die Triangulierung – bis in die ersten Beziehungen von Mutter und Kind eindringt, von einer Ebene zur nächsten Ebene der personalen Kontakte mitgeschleppt (wird), alle Beziehungen durchzieht, sie „in der Wolle färbt (Brückner)

Mein Thema war, die Notwendigkeit die gesellschaftlichen Verhältnisse innerhalb der PA zur Kenntnis zu nehmen.
Ich habe mit einigen prominenten zustimmenden Stimmen innerhalb der pa Community versucht, diese Notwendigkeit aus der Arbeit des Psychoanalytikers selbst zu begründen.
Ich habe dann zu begründen versucht, dass diese Arbeit des Psychoanalytikers wenn er die gesellschaftlichen Verhältnisse innerhalb seiner Arbeit zur Kenntnis zu nehmen versucht, zugleich andere Begriffe braucht:
– einen anderen Begriff der psychischen Realität sowohl von „äußerer“ Realität als gesellschaftlicher als auch von innerer (psychischer) Realität (als vergesellschafteter)
– ebenso einen anderen Begriff des Unbewussten einen, der das Unbewusste nicht in die (Trieb)“Natur“ verbannt, sondern seine Quellen auch in der „Kultur“ berücksichtigt dh in der gesellschaftlichen Realität der Macht

[i] Paul Parin (1975): „Gesellschaftskritik im Deutungsprozeß“

[ii] Weshalb der Journalist Peter Scholl-Latour auf die Frage, ob er den Nordafrikanern empfehlen würde, »unsere Demokratie« zu kopieren (29.10.11) [ii]
meinte: Sie können es selbst nicht wollen, wenn sie sehen, wie ohnmächtig unsere Parlamente sind

[iii] in einer Gesellschaft, die strukturell noch immer charakterisiert ist durch „wechselseitige u allseitige Abhgkt der gegeneinander gleichgültigen Individuen“

[iv] in das Verhältnis von Natur und Geschichte einzubringen

[v] Vortrag „Zukunft der Psychoanalyse“ auf dem Gründungskongress der IPV in Nürnberg: Freud 1910, S. 111.

[vi] Paul Parin (1977): Das Ich und die Anpassungsmechanismen. Psyche 6 (31), S. 481-515

[vii] Aufmüpfigkeit, Eigensinn; „Moden“ als Strategien der Affirmation

[viii] was Habermas in die Begriffe der Differenz von System und Lebenswelt fasst (Konkrete Beziehung – abstrakte Verhältnisse; Imaginäres symbolisches Register)

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Literatur

Adler, A. (1919): Die andere Seite. Eine massenpsychologische Studie über die Schuld des Volkes. Wien. [Reprint (Faksimile) 1994, hrsg. und mit einem Vorwort versehen von Almuth Bruder-Bezzel].
Baudrillard, J. (1976): L’échange symbolique et la mort. Paris (Éditions Gallimard). [Der symbolische Tausch und der Tod, München. Matthes & Seitz 1976]
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